Mit dem Reading Coach (deutsch: Lesecoach) bietet Microsoft ein kostenloses, KI-gestütztes Werkzeug an, das Schülerinnen und Schüler beim individuellen Lesetraining unterstützt. Als Erweiterung des bewährten Plastischen Readers (Immersive Reader) ermöglicht es eine passgenaue Aufbereitung von Texten und eine direkte Rückmeldung zur Leseflüssigkeit.
Grundlagen: Der Plastische Reader als Basis
Bevor der eigentliche Lesecoach zum Einsatz kommt, bietet der integrierte Plastische Reader (verfügbar in Word, Teams, OneNote oder als Browser-Erweiterung) umfangreiche Möglichkeiten zur Barrierefreiheit. Texte können visuell so aufbereitet werden, dass sie individuellen Bedürfnissen entsprechen:
• Visuelle Anpassung: Veränderung von Hintergrundfarben, Schriftarten und Zeilenabständen.
• Grammatik-Tools: Aktivierung der Silbentrennung und farbliche Kennzeichnung von Wortarten (z. B. Nomen, Verben).
• Vorlesefunktion: Eine hochwertige Sprachausgabe unterstützt das auditive Verständnis.
Funktionsweise des Reading Coach
Der Reading Coach setzt dort an, wo Schüler selbst aktiv werden. Über ein Mikrofonsymbol können Lernende einen Text laut vorlesen. Die KI analysiert die Lesung in Echtzeit und gibt im Anschluss ein strukturiertes Feedback.
Besonders wertvoll: Wörter, bei denen Schwierigkeiten auftraten, werden identifiziert und können in einem geschützten Rahmen gezielt nachgeübt werden. Die Software motiviert dabei durch positives Feedback und kleine Belohnungselemente.
Sonderpädagogischer Bezug
Der Einsatz des Reading Coach bietet im Kontext der Inklusion und Sonderpädagogik spezifische Vorteile:
• Angstfreier Raum: Schüler mit Leseschwierigkeiten können ohne den sozialen Druck der Klassengemeinschaft üben. Die „Korrektur“ erfolgt neutral durch die KI.
• Individualisierung: Durch die Anpassungsmöglichkeiten des Plastischen Readers (z.B. Silbenschreibweise) wird der Text an das jeweilige Lernniveau und die visuelle Wahrnehmung angepasst.
• Selbstwirksamkeit: Das unmittelbare Feedback ermöglicht es den Lernenden, ihre Fortschritte selbst zu verfolgen und gezielt an „Problemwörtern“ zu arbeiten.
• Entlastung der Lehrkraft: Während eine Kleingruppe mit dem Lesecoach arbeitet, kann die Lehrkraft andere Schüler individuell unterstützen.
Praktische Umsetzung im Unterricht
Um den Reading Coach erfolgreich einzusetzen, können Lehrkräfte verschiedene Wege wählen:
1. Nutzung in Word/M365: Bestehende Arbeitsblätter können direkt über die Ansicht „Plastischer Reader“ und die Aktivierung des Lesecoach in den Leseeinstellungen genutzt werden.
2. Standalone-Webseite: Über coach.microsoft.com kann das Tool browserbasiert genutzt werden. Hier lassen sich auch eigene Texte einfügen oder mit Hilfe des Copiloten Geschichten generieren (aktuell vorrangig in Englisch, wobei die Übungsfunktion auch deutsche Texte unterstützt).
3. Bereitstellung via Link: Lehrkräfte können Übungen erstellen und diese per Link oder Beitrittscode an die Schüler verteilen, was den Zugang im Unterricht oder bei Hausaufgaben vereinfacht.
Methodisch-didaktische Hinweise
• Einführungsphase: Begleiten Sie die Schüler bei den ersten Versuchen mit dem Mikrofon, um technische Hürden abzubauen und die Feedback-Kultur des Tools zu erklären.
• Fokussierung: Nutzen Sie die Zeilenfokus-Funktion des Plastischen Readers, um die visuelle Ablenkung für Schüler mit ADHS oder Wahrnehmungsstörungen zu minimieren.
• Spracheinstellungen: Achten Sie darauf, dass die richtige Sprache für die Spracherkennung ausgewählt ist, um präzise Analysen zu gewährleisten.
• Kombination: Nutzen Sie das integrierte Bildwörterbuch des Plastischen Readers, um bei schwierigen Begriffen gleichzeitig die Semantik zu klären.
Fazit
Der Microsoft Reading Coach ist ein mächtiges, niedrigschwelliges Werkzeug für die diklusive Leseförderung. Durch die Kombination aus visueller Entlastung und KI-basiertem Feedback stärkt er die Autonomie der Lernenden und bietet eine zeitgemäße Unterstützung im inklusiven Leseunterricht