Sprechende Avatare mit Scratch
Sprechende Avatare können für Erklärvideos und Präsentationen genutzt werden. Auf der einen Seite haben Lehrkräfte die Möglichkeit, motivierende Ergänzungen für Unterrichtsmaterial zu schaffen. Auf der anderen Seite können Schülerinnen und Schüler hier kreativen Umgang mit digitalen Medien praktizieren. Zusätzlich kann hier ein Beitrag für den Schutz persönlicher Daten geschaffen werden, da durch anonyme sprechende Avatare keine Videoaufnahmen von Personen mehr geteilt werden müssen.
Mit der kostenlosen Programmierumgebung Scratch ergibt sich mit einfachen Mitteln ein sprechender Avatar erstellen.
Schritt 1: Bildmaterial für den Avatar vorbereiten
Für einen sprechenden Avatar braucht es zunächst mehrere Bilder eines Kopfes mit unterschiedlichen Mundstellungen und gerne auch variierender Mimik.
Dafür gibt es verschiedene Wege:
- Mit einer KI-Bildgenerierung: Ausgehend von einem Foto oder einer Figur werden Varianten mit verschiedenen Gesichtsausdrücken erzeugt.
- Selbst gezeichnete Figuren
- Fotos von sich selbst mit unterschiedlichen Mundstellungen
Wichtig: Die Bilder liegen am Ende als Einzelbilder vor, jeweils ein Kopf pro Bild, idealerweise als PNG Datei mit Transparenz.
Auf dem iPad lassen sich Finguren sehr schnell freistellen:
Aus einem Foto wird mit dem Finger die Figur separiert und per Drag & Drop z.B. in die Dateien-App gezogen. Dort kann die Datei ins PNG Format umgewandelt werden..
Schritt 2: Scratch im Browser öffnen und Kostüme anlegen
Den Scratch Editor öffnet man über die Webseite scratch.mit.edu. Über den Menüpunkt „Entwickeln“ kann ein neues Projekt angelegt werden.
1. Die bekannte Scratch-Oberfläche öffnet sich mit der Standardfigur, der Katze.
2. Im Bereich „Kostüme“ wird die Katze durch die eigenen Avatar-Bilder ersetzt:
– Unten über das Symbol „Figur-Kostüm hochladen“ werden alle vorbereiteten Kopf-Bilder auf einmal aus der Dateien-App importiert.
– Die ursprünglichen Katzenkostüme können gelöscht werden.
3. Eines der Bilder wird als neutraler Gesichtsausdruck festgelegt, zum Beispiel ein geschlossener Mund ohne starke Mimik.
Die übrigen Kostüme bilden die verschiedenen Mundstellungen ab. Sie können umbenannt werden, müssen es aber nicht, solange klar ist, dass es mehrere Varianten (z.B. Kostüm 2–10) gibt.
Schritt 3: Programmieren
Damit der Avatar bei jedem Start des Programms zunächst neutral aussieht, wird ein erstes kleines Skript erstellt:
– Ereignis: „Wenn grüne Flagge angeklickt“
– Aussehen: „Wechsle zu Kostüm [neutral]“
Wird nun die grüne Flagge gedrückt, erscheint der Avatar stets mit neutralem Gesicht.
Schritt 4: Die eigentliche Sprechanimation programmieren
Die Animation soll immer dann zu sehen sein, wenn die Figur angetippt wird.
1. Ereignis wählen: „Wenn diese Figur angeklickt wird“
2. Es soll so lange eine Mundbewegung stattfinden, wie der Finger (oder die Maustaste) gedrückt bleibt. Dazu wird eine Schleife genutzt:
– „Wiederhole bis …“
– Unter „Fühlen“ wird „Maustaste gedrückt?“ ausgewählt.
– Dies wird mit dem Operator „nicht“ kombiniert, damit die Schleife läuft, solange gedrückt wird:
„Wiederhole bis nicht (Maustaste gedrückt?)“
3. Innerhalb dieser Schleife wird nun die Mundbewegung erzeugt:
– „Wechsle zu Kostüm (Zufallszahl von 2 bis 10)“
– so werden zufällig die anderen Gesichtsausdrücke durchgespielt, während das neutrale Kostüm (z.B. 1) ausgespart bleibt.
– Um den Bildwechsel nicht zu schnell zu machen, wird ein kurzer Wartebefehl eingefügt:
– „Warte 0,1 Sekunden“
Nach Ende der Schleife, also wenn nicht mehr gedrückt wird, soll der Avatar wieder zum neutralen Kostüm zurückkehren:
– „Wechsle zu Kostüm [neutral]“
Damit ist die Sprechanimation fertig:
Solange die Figur angetippt wird, „spricht“ der Avatar durch schnelle Mundbewegungen. Wird losgelassen, kehrt er in den neutralen Zustand zurück.
Schritt 5: Video mit Bild und Ton aufnehmen
Damit aus der Animation ein Erklärvideo wird, braucht es noch eine Bildschirmaufnahme mit Ton auf dem iPad:
1. Im Kontrollzentrum des iPads die Bildschirmaufnahme starten (lange tippen, Mikrofon auf „Ein“ stellen).
2. Zur Scratch-Seite mit dem Avatar wechseln, in den Vollbildmodus gehen, damit keine störenden Editor-Elemente zu sehen sind.
3. Während die Aufnahme läuft:
– Avatar mit dem Finger antippen und so die Mundbewegungen steuern.
– Gleichzeitig in das Mikrofon sprechen, z.B. einen erklärenden Text, eine Anleitung oder eine Geschichte.
4. Nach der Aufnahme wird das Video in der Foto-App gespeichert. Dort lässt es sich:
– zuschneiden (Anfang/Ende)
– eventuell noch im Bildausschnitt optimieren.
So entsteht ein fertiges Video: sprechender Avatar plus gesprochener Ton.
Schritt 6: Hintergründe und Gestaltungsmöglichkeiten
In Scratch kann die Bühne individuell angepasst werden:
– Auswahl aus den vorgegebenen Hintergrundbildern (z.B. „Wüste“),
– Hochladen eigener Bilder (z.B. Klassenraum, Lernplakat, Piktogramme),
– oder selbst gemalte Hintergründe.
Didaktisch spannend wird es, wenn Hintergründe gezielt gewählt werden, z.B.:
– Avatar erklärt ein Lesestrategie-Plakat.
– Avatar führt durch eine Rechenstraße oder Bildgeschichte.
– Avatar „steht“ auf dem Foto eines realen Lernorts (Schulhof, Stadtteil, Museum).
Weitere positive Lerneffekte im Unterricht
– Sprachförderung und Kommunikation:
Durch das Einsprechen von Erklärungen, Geschichten oder Dialogen üben Schüler:innen Artikulation, Wortschatz und Satzbau
– Motivierender Lernbegleiter:
Avatare können z.B. einfache Aussagen, Routinen oder Arbeitsanweisungen „sprechen“. Lehrkräfte oder Lernende erstellen kurze Clips, die später im Unterricht oder im Alltag wiederverwendet werden.
– Strukturierung und Handlungsplanung:
Ein Avatar kann Schritt-für-Schritt-Anleitungen geben („So deckst du den Tisch“, „So startest du dein iPad“), was vor allem für Schüler:innen mit Unterstützungsbedarf im Bereich Kognition oder Autismus-Spektrum hilfreich sein kann.
– Niedrigschwellige Programmierbildung:
Der gezeigte Ablauf nutzt nur wenige Scratch-Blöcke (Ereignisse, Aussehen, Fühlen, Operatoren, Schleife). So können auch Anfänger erste Programmiererfahrungen sammeln, ohne von komplexen Konzepten überfordert zu werden.
– Kooperative Projekte:
Die Arbeit am Avatar eignet sich gut für Partner- oder Gruppenarbeit:
Eine Person übernimmt z.B. die Grafik, eine das Sprechen, eine das Programmieren. So können unterschiedliche Stärken eingebracht werden.